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25
Okt

Holzfassade des Westhouse Augsburg

Im bayerischen Schwaben ist ein multifunktionales Zentrum entstanden, das Arbeit, Freizeit und Begegnung unter einem Dach vereint. Von außen überzeugt eine edle silbergraue Holzfassade, die auch dazu beiträgt, dass sich das Gebäude perfekt in die Umgebung einfügt.

„Menschen einen Ort der Begegnung, der Inspiration, des Engagements sowie der Besinnung auf das Wesentliche im Leben bieten.“ – Das ist die Idee des Westhouses am Stadtrand von Augsburg. Gerade heute, in einer schnelllebigen, digitalen Zeit und nach diversen pandemiebedingten Lockdowns, werden Orte der Begegnung wieder wichtiger. Die Menschen sehnen sich danach, sich zu treffen, gemeinsam zu feiern und zu arbeiten und sich zu entspannen. Diese Bedürfnisse erfüllt das multifunktionale Begegnungs- und Veranstaltungszentrum Westhouse.

Über dem zweistöckigen Gebäudekörper erhebt sich das Inklusionshotel einsmehr, welches auch Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigt. Bildquelle: 4Wände Management GmbH
Über dem zweistöckigen Gebäudekörper erhebt sich das Inklusionshotel einsmehr, welches auch Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigt. Bildquelle: 4Wände Management GmbH

Gemeinsam durchdacht

Im Herbst 2020 wurde das von der Augsburger 4Wände GmbH geplante und realisierte Begegnungszentrum fertig gestellt. Die Firma 4Wände ist auf Projektentwicklung von Begegnungszentren im Allgemeinen und kirchlichen Gemeindezentren im Besonderen spezialisiert. Die Planungen für das Westhouse starteten schon einige Jahre zuvor. Gerhard Hab, Geschäftsführer von 4Wände und gleichzeitig Bauherr des Westhouses erinnert sich: „Die Anregung für dieses Projekt kam 2012 von einer Kirchengemeinde, die sich ein größeres Gemeindezentrum wünschte. Erste Ideen für ein Begegnungszentrum entstanden bereits 2014. Um Anwohner, Vereine, Unternehmen und Politik mitzunehmen, führten wir zwei Ideenwerkstätten im Stadtteil durch und entwickelten daraus das Nutzungskonzept.“

Den äußeren Abschluss der Außenwände bildet eine vorgehängte und hinterlüftete Holzfassade, die mit einer mineralischem Vorvergrauung der Firma Keimfarben das gewisse Etwas erhält. Bildquelle: 4Wände Management GmbH
Den äußeren Abschluss der Außenwände bildet eine vorgehängte und hinterlüftete Holzfassade, die mit einer mineralischem Vorvergrauung der Firma Keimfarben das gewisse Etwas erhält. Bildquelle: 4Wände Management GmbH

Vielfältig nutzbar

So entstand ein Gebäudekomplex für soziale und gewerbliche Nutzung auf 7.000 Quadratmetern. Er vereint Kirche, Bildung, Arbeitsalltag, Sport und Übernachtungsmöglichkeiten und schafft Begegnungsräume für Jung und Alt, für Einzelpersonen, Vereine, Veranstalter, Kirchengemeinden und Unternehmen.

Über dem langgezogenen zweistöckigen Gebäudekörper erhebt sich das ebenfalls aus zwei Stockwerken bestehende Inklusionshotel „einsmehr“, welches auch Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigt und neben Hotelzimmern ebenfalls Appartements auf
Zeit anbietet. Des Weiteren verfügt das Westhouse über eine buchbare Sporthalle, ein Bistro mit Blick ins Grüne, einen 450 Quadratmeter großen Veranstaltungssaal mit Platz für 480 Gäste sowie Co-Working Bereiche und unterschiedlich ausgestattete Seminarräume.

Hybrid gebaut

Im Mittelpunkt der Bauphilosophie von 4Wände steht die nachhaltige Bauweise der geplanten Gebäude. Dementsprechend wichtig ist dieser Aspekte auch beim Westhouse, welches in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet wurde. Holz ersetzt die Baustoffe Beton und Stahl dort, wo es möglich war. „Die große Herausforderung darin bestand, die Brandschutzanforderungen der Gebäudeklasse 5 im Holzbau bzw. Holz-Stahlbeton-Hybridbau umzusetzen. So sind die beiden Untergeschosse, die Treppenhäuser wie auch die Geschossdecken des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses in Stahlbeton gefertigt. Die Außenwände, der zweigeschossige Veranstaltungsbereich und die Büroetage sowie der Hotelriegel hingegen sind vollständig in Holzrahmenbauweise und mit Geschossdecken aus Brettschichtholz ausgeführt“, erklärt Gerhard Hab. Zwei Besonderheiten dieser Bauweise sind zum einen eine Gitterträgerkonstruktion aus Baubuche, die das Geschoss über der Sporthalle trägt, zum anderen Brettschichtholz-Doppelbinder, die sich durch den Veranstaltungssaal spannen und ein besonderes Raumgefühl vermitteln.

Das Begegnungszentrum macht durch seine vertikal strukturierte Holzfassade in Barcode-Optik auf sich aufmerksam. Durch die silbergraue Fassade integriert es sich in die benachbarte Umgebung mit vielen Grünflächen. Bildquelle: 4Wände Management GmbH
Das Begegnungszentrum macht durch seine vertikal strukturierte Holzfassade in Barcode-Optik auf sich aufmerksam. Durch die silbergraue Fassade integriert es sich in die benachbarte Umgebung mit vielen Grünflächen. Bildquelle: 4Wände Management GmbH

Nachhaltig in jeglicher Hinsicht

Bei der Baustoffwahl wurde großer Wert auf die Verwendung nachhaltiger und regionaler Produkte gelegt, so stammt der Holzrahmenbau von der Augsburger Holzhaus GmbH und die Brettschichtholzelemente wurden von Firma Aumann aus Ziemetshausen geliefert. Für die Ausführung beauftragten die Verantwortlichen regionale Baufirmen. Ergänzt wird der Nachhaltigkeitsgedanke durch Wärmepumpen und Photovoltaik auf dem Dach, sodass der KfW55-Standard erfüllt ist. Gerhard Hab fügt hinzu: „Unter dem Aspekt des Gebäudelebenszyklus haben wir außerdem darauf geachtet, dass eine weitgehend sortenreine Trennung der Bauteile bei Rückbau des Gebäudes möglich ist.“ Des Weiteren ist die tragende Struktur der Holzständerwände aus Brandschutzgründen mit Mineralwolle gedämmt. Den äußeren Abschluss der Außenwände bildet eine vorgehängte und hinterlüftete Holzfassade aus sägerauhen Nut-Feder-Profilen in 3-dimensionaler Optik von Ladenburger.

Modern integriert „Schon von der Ferne macht die markante Architektur des Westhouses als 4-geschossiger Riegel auf sich aufmerksam. Auch aufgrund von seiner Länge von 90 Metern und seiner vertikal strukturierten Holzfassade in Barcode-Optik“, erklärt Gerhard Hab. Das von attraktiv gestalteten Außenanlagen umgebene Westhouse hebt sich aufgrund seiner kubusförmigen Architektur von den umliegenden Gebäuden ab, doch gleichzeitig integriert die silbergraue Fassade das Begegnungszentrum in die benachbarte Umgebung, die sich durch viele Grünflächen auszeichnet. „Dabei rhythmisieren standardisierte Öffnungsmaße in den Obergeschossen die Fassade. Dort prägen Brandschutzschürze zusätzlich als horizontales Element das Fassadenbild“, erläutert Hab weiter.

Auf der Holzschalung kam die silikatische Vergrauungslasur KEIM Lignosil-Verano zum Einsatz, welche eine silbergrau, patinierte Holzoptik simuliert. Die silikatische Farbbeschichtung KEIM Lignosil-Color setzt an den schmalen Bereichen dunkelgraue Akzente. Bildquelle: 4Wände Management GmbH
Auf der Holzschalung kam die silikatische Vergrauungslasur KEIM Lignosil-Verano zum Einsatz, welche eine silbergrau, patinierte Holzoptik simuliert. Die silikatische Farbbeschichtung KEIM Lignosil-Color setzt an den schmalen Bereichen dunkelgraue Akzente. Bildquelle: 4Wände Management GmbH

Simulierte Patina

Das gewisse Etwas erhielt die Holzfassade mit einer mineralischem Vorvergrauung der Firma Keimfarben. Zum Einsatz kam auf der gesamten Holzschalung die silikatische Vergrauungslasur KEIM Lignosil-Verano, welche eine silbergrau, patinierte Holzoptik simuliert, wie sie durch eine mehrjährige Bewitterung auf Naturholz entsteht. Durch den bewussten Verzicht auf eine Schutzfunktion geht ein Anstrich mit Lignosil-Verano im Laufe der Zeit in die natürliche Vergrauung über. Für die schmalen Holzschalungselemente wählten die Verantwortlichen die deckende silikatische Farbbeschichtung KEIM Lignosil-Color, um diese in einem dunkelgrauen Farbton von den anderen Bereichen abzusetzen. „Wir haben uns für diese mineralischen, diffusionsoffenen Systeme mit hoher Farbstabilität entschieden, weil uns die natürlichen Materialien überzeugt haben. Außerdem ist die Fassade nach dem Anstrich mit diesen Produkten wartungsfrei, robust und nach 20 Jahren noch überstreichbar.“ Des Weiteren passt die mineralische Vorvergrauung ohne Zusatz von Bioziden und Lösungsmitteln perfekt ins nachhaltige Konzept von 4Wände, denn die Firma Keimfarben ist mit Sitz in Augsburg zudem regional ansässig. Die 1.500 Quadratmeter Holzfassadenelemente wurden maschinell im Werk beschichtet.

Das Beste aus engem Budget

Eine der größten Herausforderungen dieses Projekts war laut Gerhard Hab die Einhaltung von Terminplan und Budget. „Das Projekt wurde als Betreiberimmobilie mit einer garantierten Rendite und einem fixen, sehr engen Baubudget entwickelt. Schon im Entwurf wurde auf kostenoptimiertes Bauen Wert gelegt“, erklärt Gerhard Hab. „Dabei standen zum Beispiel ein hoher Vorfertigungsgrad aller Wand- und Deckenbauteile, Holztafelaußenwände mit integrierten Fenstern und werkseitig vormontierter Holzfassade im Vordergrund. Gleichzeitig haben wir die Komplexität minimiert, indem wir Bauteilschichten wie z. B. Bodenbeläge, durch sichtbare, imprägnierte Beton- und Estrichflächen, entfallen ließen. Mit Hilfe einer gewerkorientierten Budgetplanung und mitlaufenden Kalkulation wurden die Kosten kontinuierlich gesteuert, um dem engen Baukostenbudget Rechnung zu tragen.“

Das Westhouse bietet auf 7.000 Quadratmetern Raum für soziale und gewerbliche Nutzung, für Kirche, Bildung, Arbeitsalltag, Sport und Übernachtungsmöglichkeiten. Bildquelle: 4Wände Management GmbH
Das Westhouse bietet auf 7.000 Quadratmetern Raum für soziale und gewerbliche Nutzung, für Kirche, Bildung, Arbeitsalltag, Sport und Übernachtungsmöglichkeiten. Bildquelle: 4Wände Management GmbH

Mit Anerkennung in die Zukunft

Die Tatsache, dass 4Wände die im Baugewerbe schwierige Preiskalkulation einhalten konnte, führte u. a. dazu, dass Gerhard Hab und sein Team den Baupreis der Fritz-Bender-Stiftung 2021 für ihr Projekt „Westhouse Augsburg“ erhielt. Ausschlaggebend war ebenso die Verwendung heimischer Hölzer, das effiziente Energiekonzept und der Betrieb des Hotels mit beeinträchtigten Menschen. – Auch die Gäste würdigen das Westhouse: „Unsere Räume sind für das kommende Jahr schon gut gebucht. Die Sporthalle ist unser heimliches Highlight. Hier sind nur noch wenige Zeiten in der Woche verfügbar, so hoch ist die Nachfrage“, berichtet Gerhard Hab stolz und fährt fort: „Auch das Hotel läuft gut, und im Co-Working Bereich ist momentan nur noch ein Platz frei – die Nachfrage ist also da. Ebenso wird unser Bistro an sechs Tagen in der Woche gerne besucht.“

Ein besonderer Ort für Begegnungen

Natürlich hinterließ die Corona-Zeit auch im Augsburger Westhouse ihre Spuren: Der Veranstaltungsbetrieb konnte zunächst nur sehr eingeschränkt gestartet werden, zeitweise wurde im Lockdown der Betrieb ganz eingestellt. Die Verantwortlichen nutzten die Zeit jedoch, um ein professionelles Team auf die Beine zu stellen, das dem kommenden Ansturm gewachsen ist. Denn seit Februar dieses Jahres ist wieder eine starke Nachfrage zu spüren. Die Menschen sehnen sich danach, sich wieder real zu treffen. – Gerhard Hab resümiert abschließend: „Jeder weiß jedoch, dass das Gebäude nur die halbe Miete ist. Viel wesentlicher sind die Menschen mit ihren Einstellungen und Werten, die die Atmosphäre prägen. Mit Westhouse verfolgen wir ein Ziel: Wir wollen, dass dieses Haus ein besonderer Ort für Begegnungen ist.“

Bautafel
Bauherr: Westhouse Immobilien GmbH&Co.KG
Betreiber: Westhouse GmbH, www.westhouse-augsburg.de
Generalunternehmer / Architekturbüro: 4Wände GmbH, www.4waende.de
Holzbauer: Augsburger Holzhaus GmbH, www.augsburger-holzhaus.de
Produkte: KEIMFARBEN GmbH, www.keim.com
Produkte: KEIM Lignosil-Verano, KEIM Lignosil-Color

Autorin: Dr. Alexandra Nyseth

Der Beitrag Holzfassade des Westhouse Augsburg erschien zuerst auf FASSADEN Fachzeitung - Fassadentechnik Gebäudehülle.