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10
Nov

Warme Kante in Projekten der Bjarke Ingels Group

Für die Bjarke Ingels Group gibt es nicht nur eine Antwort auf die Frage, wie das nachhaltige Bauen der Zukunft aussieht, sondern eine unglaubliche Vielfalt an Antworten. Dass für das neue BIG Headquarter im Hafen von Kopenhagen überwiegend CO2-reduzierter Beton, für das Skypark Business Center am Luxemburger Flughafen hingegen eine Holzverbundkonstruktion aus Brettsperrholz den Entwurf der dänischen Stararchitekten bestimmt, ist also nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Neben dem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Energieeffizienz haben die beiden Objekte noch etwas gemeinsam: Isolierverglasungen mit Super Spacer Abstandhaltern.

BIG Headquarter am Kopenhagener Nordhavn ist Brutalismus pur

Kopenhagen transformiert das ehemalige Hafengebiet Nordhavn seit einigen Jahren zu einem nachhaltigen Stadtviertel, zu einer Stadt der kurzen Wege für 40.000 Menschen und einer Spielwiese für die Erprobung grüner Technologien. Als BIG die Pläne für das neue Headquarter an der Spitze des Sundmolenpiers im Nordhavn präsentierte, kam erst einmal ein „No“ der Stadtverwaltung. Zu wenig nachhaltig und nicht gefällig genug, erschien der 27 Meter hohe Betonturm den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in der ökologischen Vorzeigestadt, die bis 2050 CO2-neutral sein will.

Tatsächlich scheint die neo-brutalistische Ästhetik mit den mächtigen Sichtbetonbalken auf den ersten Blick eher eine Hommage an den Baustoff mit der verheerenden Klimabilanz als an nachhaltiges Bauen. Weder Putz noch Fassadenverkleidung mildern das puristische Wechselspiel aus tragenden Betonelementen und raumhohen Glasflächen ab. Vom Dach bis hinunter zum Pier enden die Geschosse in schräg ausgeformten Balkonen, die durch eine umlaufende Fluchttreppe miteinander verbunden sind und einzigartige Ausblicke auf den Öresund ermöglichen. Dass das trapezförmige Gebäude nach außen hin vier Geschosse hat, im Inneren jedoch doppelt so viele Arbeitsebenen bietet, hat seinen Ursprung in dem kleinen, spitz zulaufenden Grundstück. Um möglichst viel Raum, Weite und insgesamt 4.800 m² Bürofläche zu schaffen, sind die sieben Halbgeschosse zueinander versetzt und kaskadierend angeordnet. Schwarze Stahltreppen, die scheinbar ungeordnet die Richtung wechseln, stellen die räumliche und visuelle Verbindung her. Die Geschossdecken werden durch zentrale Natursteinsäulen aus nordischem Granit und italienischem Marmor getragen.

Hochleistungsfähiges Isolierglas kombiniert Wärmedämmung, Sonnenschutz und Lichtdurchlässigkeit

Eiler Thomsen Alufacader stellte die Pfosten-Riegel-Glasfassade aus stranggepresstem Rohaluminium her. Die rund 500 bis zu 2.879 Millimeter hohen Einheiten für die geschosshohe Dreifachverglasung sowie eine drei Meter hohe Glasschiebetür und gläserne Brandschutztüren lieferte Glaseksperten A/S.

Der U-Wert der Fassade beträgt 0,18 W/(m²K), der Ug-Wert der Verglasung 0,6 und der Uw-Wert der Fenster 0,8 W/(m²K). Das in den Isolierglaseinheiten eingesetzte Pilkington Suncool 70/40 ist ein hochleistungsfähiges, beschichtetes Glas, das hervorragende Wärmedämmung mit Sonnenschutz und einer hohen Lichtdurchlässigkeit kombiniert; wichtige Eigenschaften für die lichtarmen skandinavischen Winter und die langen Sonnentage im Sommer. Als Warme-Kante-Abstandhalter wählte Glaseksperten den Super Spacer T-Spacer Premium Plus von Edgetech/Quanex. Dazu Marketingleiterin Louise Præstholm: „Der Super Spacer ist aufgrund seiner flexiblen, metallfreien Zusammensetzung sehr effizient in der Produktion, denn er vereinfacht die Installation und reduziert den Bedarf an manuellen Tätigkeiten. Seine strukturelle Flexibilität ermöglicht darüber hinaus eine exakte Passung bei der Montage, wodurch die auf das Glas wirkenden Lasten reduziert werden. Nicht zuletzt trägt Super Spacer zur Energieeffizienz und Haltbarkeit des Endprodukts bei, indem er die thermische Leistung verbessert und die Kondensation minimiert.“

70 Prozent des Betons sind CO2-reduziert

Nach der Ablehnung des Bauantrags ging BIG in die Diskussion und kommunizierte das Nachhaltigkeitskonzept im Detail. Für eine möglichst gute Lebenszyklus-CO2-Bilanz im Rahmen der angestrebten DGNB Gold-Zertifizierung wurde zu rund 70 Prozent CO2-reduzierter Beton am Sundmolenpier verbaut. Bereits seit 2017, als die ersten Pläne für das neue Hauptquartier entstanden, war das Team mit dem dänischen Zementhersteller Aalborg Portland, der an einem CO2-reduzierten Zement forschte, im Gespräch. Der heute unter dem Namen FUTURECEM vermarktete Baustoff verursacht bis zu 30 Prozent weniger CO2-Ausstoß als herkömmlicher Portlandzement, denn 35 Prozent des energieintensiven Klinkers werden durch Kalkstein und kalzinierten Ton ersetzt.

Da der grüne Beton etwas zähflüssiger ist als gewöhnlich, wurden gemeinsam mit dem Rohbauhersteller LM Byg A/S und dem Betonlieferanten Unicon spezifische Herstell- und Schalungsverfahren entwickelt, um die Wände und die bis zu 100 Tonnen schweren Megabeams aus Ortbeton gießen zu können. Die rund 3,6 Meter hohen und 20 Meter langen Träger sind als Sandwich-Konstruktion aus 500 Millimeter tragendem Stahlbeton, 350 Millimeter Dämmschicht sowie 100 Millimeter Sichtbeton-Vorsatzschale hergestellt.

Warum Beton und kein Holzbau? Die raue, salzhaltige Umgebung an der exponierten Stelle setzt jedem Material zu, doch nach Einschätzung des BIG-Teams wären die Herausforderungen in puncto Korrosion und Feuchtigkeit bei einer Holzkonstruktion deutlich schwieriger zu lösen gewesen. Darüber hinaus sollte das Gebäude die Materialien der umliegenden Hafengebäude aufnehmen.

Für die Temperaturregulierung macht man sich die Wärmespeicherfähigkeit von Beton zunutze. Das Gebäude wird ausschließlich über Betonkernaktivierung sowie passive Lüftung beheizt und gekühlt. Als Wärmequelle dienen Energiepfähle, die Wärmepumpe wird über die eigene Photovoltaikanlage mit Strom versorgt.

Dass die Oberflächen unbehandelt bleiben, hat nicht nur ästhetische Gründe. Sichtbeton kann mit den Jahren das klimaschädliche CO2 durch Karbonatisierung wieder binden. Dabei reagiert das Kohlendioxid mit dem Calciumhydroxid im Beton und bildet Calciumcarbonat, sprich Kalkstein. Auch dieser Effekt fließt zu kleinen Teilen in die Ökobilanz ein.

Skypark Business Center South mit mächtiger Holzhybrid-Konstruktion

In völligem Kontrast zum Betonminimalismus des BIG Headquarters steht das ebenfalls von Bjarke Ingels Group entworfene Skypark Business Center South am Luxemburger Flughafen Findel. Während die unterirdischen Bereiche des Niedrigstenergiegebäudes überwiegend aus Stahlbeton errichtet wurden, ist der 30,5 Meter hohe Überbau eine der größten Holzkonstruktionen Europas. Statt eines einzigen, langgezogenen Körpers mäandert das aus zwei jeweils dreigeschossigen Baukörpern bestehende Gebäude auf einer Länge von 365 Metern entlang des Flugfelds. Der Entwurf optimiert nicht nur die nutzbare Fläche, sondern schafft durch das geometrische Zickzack-Raster separate, lichtdurchflutete Innenhöfe für eine maximale Tageslichtausbeute. Der obere Baukörper ist um 180 Grad gedreht, sodass auf drei Ebenen üppig begrünte Dächer und Terrassen entstanden sind. Die künstlichen Biotope bieten Raum für Flora und Fauna, dienen der Regenwassersammlung, senken die Kühllast im Gebäude und sollen darüber hinaus das Mikroklima und die Luftqualität verbessern.

Doppelfassade für optimalen Wärme-, Lärm- und Sonnenschutz

Der Skypark wurde mit einer energieeffizienten Doppelfassade ausgeführt. Die äußere Fassadenschicht besteht aus einem Zickzack aus transparenten und opaken Elementen als Lärm- und Windschutz. Die innere Pfosten-Riegel-Fassade mit Dreifach-Verglasung isoliert zusätzlich gegen Hitze, im Fassadenzwischenraum sind individuell steuerbare Jalousien angebracht. Das Erdgeschoss ist in Structural-Glazing-Optik ausgeführt und wirkt wie ein leichter, transparenter Sockel für die Obergeschosse. Wie überall im Gebäude sind auch im Erdgeschoss die Kanten abgerundet und ermöglichen einen unverfälschten Panoramablick.

Die geschosshohen, konkav und konvex gebogenen Isoliergläser für die Gebäudeecken der Glasfront wurden im Auftrag des Fassadenbauers Kyotec Luxemburg beim Münsterländer Glasveredler Finiglas gefertigt. Jede Ecke setzt sich aus vier Scheiben mit dem Format 2999 mal 4861 Millimeter und einem Radius von 7698 Millimetern zusammen. Um die gebogenen Einheiten unter einem Überstand von 2602 Millimetern montieren zu können, war der Montagespezialist Heavydrive mit seinem Vakuumsaugsystem VSG 1300 KR und dem Gegengewichtssystem Konter 3000 vor Ort.

Die geforderte Glasperformance sowie ein Ug-Wert von weniger als 0,5 W/m²K waren nur mit einer Dreifachverglasung sowie spezifischen Wärme- und Sonnenschutzbeschichtungen möglich. Der Scheibenaufbau mit Guardian Ultra Clear als Basisglas besteht aus 13,52 Millimeter Verbundsicherheitsglas mit unterschiedlichen Sonnenschutzbeschichtungen auf der Wetterseite, einer Wärmeschutzbeschichtung auf der 6 Millimeter starken Mittelscheibe sowie einer 17,52 Millimeter dicken VSG-Scheibe teilweise mit Schallschutz-Interlayer.

Die Einheiten werden nicht in einen Rahmen eingesetzt, sondern mit der in den Benelux-Ländern gebräuchlichen Siltal-Fuge im Randverbund fixiert. „Die Glasfassade ist tatsächlich als Structural-Glazing ausgeführt, denn die Haftung erfolgt über den Randverbund und nur die raumseitige VSG-Scheibe wird am Pfosten montiert“, so Mirko Heeringa, Projektmanager bei Finiglas.

Super Spacer Abstandhalter mit Vorteilen bei Produktion und Isolierglasperformance

Auch wenn die Finiglas-Produktion auf große Formate ausgelegt ist, sind dreifach-verglaste Einheiten etwas Besonderes. Mehr als 1300 Kilogramm wiegt jede der mehr als 160 gebogenen Dreifach-Isolierglaseinheiten, die Finiglas nach Luxemburg lieferte. „Die Anforderungen an die Reproduzierbarkeit und das Handling waren bei diesem Projekt besonders hoch. Wir hatten für das Fügen der 130 Einheiten jeweils fünf einzelne Scheiben mit einem Gewicht von bis zu 600 Kilogramm am Kran hängen, die präzise laminiert und isoliert werden mussten. Bei dem Gewicht und den Größen der Scheiben haben wir unsere Abläufe entsprechend angepasst. So wurden beispielsweise spezielle Werkzeuge und Handlingsgeräte konstruiert“, fährt Heeringa fort.

Als Abstandhalter setzte Finiglas den 16 Millimeter Super Spacer TriSeal Flex black von Edgetech/Quanex ein. „In der Isolierglasproduktion hat der Flex für uns einige Vorteile“, bestätigt Heeringa und fährt fort: „Er ist ein wenig stärker als die Super Spacer Produkte, die wir normalerweise einsetzen, daher bleibt er beim Auflegen der zweiten und dritten Scheibe immer stabil und präzise in Position.“ Christoph Rubel, European Technical Manager bei der Edgetech Europe GmbH in Heinsberg betont die Eigenschaften des Super Spacer innerhalb der Isolierglaseinheit: „In einem 16 Millimeter großen Scheibenzwischenraum können Wind- und Klimalasten ganz gehörig arbeiten. Hier spielt ein Abstandhalter aus Struktur-Silikonschaum aufgrund seiner Flexibilität und seiner hundertprozentigen Rückstellfähigkeit seine Vorteile so richtig aus. Das elastische Silikonmaterial hält den Randverbund intakt und ist somit ein Garant für Energieeffizienz und Langlebigkeit der Isolierverglasung.“

Der Beitrag Warme Kante in Projekten der Bjarke Ingels Group erschien zuerst auf FASSADEN Fachzeitung - Fassadentechnik Gebäudehülle.