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08
Mai

Online-College für das Handwerk

Ein führender Softwareanbieter für den Holz- und Treppenbau hat zu Beginn der Corona-Pandemie eine umfangreiche Online-Wissensplattform für Zimmerer und Holzbauer aufgebaut. Sie richtet sich an Einsteiger, Profis sowie Berufs- und Meisterschüler. Die Inhalte ergänzen die Lehrpläne der Schulen, dienen bestehenden Anwendern als Nachschlagewerk oder um individuell Spezialthemen zu recherchieren bzw. zu vertiefen. Mit dem College schafft der Softwareanbieter konkreten Mehrwert für alle Nutzergruppen, verbessert seinen Service und stellt gleichzeitig den Kontakt zum Nachwuchs her.

Die SEMA GmbH Computer Software und Hardware-Vertrieb ist der weltweit führende Anbieter von Softwarelösungen und ergänzenden Dienstleistungen im Holz- und Treppenbau sowie dem blechverarbeitenden Gewerbe. Die GmbH sitzt in Wildpoldsried im Allgäu, unterhält Standorte in Europa und hat ein weltweites Vertriebsnetz. Keine drei Jahre alt ist das SEMA College, eine Online-Plattform für Berufs- und Meisterschüler sowie Neu- und Bestandskunden. Ihre Inhalte decken den Einstieg in die Software wie ihre Installation genauso ab wie Spezialfunktionen, etwa komplexe Bearbeitungen für die industrielle Fertigung.

Die Plattform wurde innerhalb von drei Monaten aufgebaut – mit Namensfindung, Erstellung und Aufbereitung des Contents. Den Ausschlag dafür gab eine schwierige Lage für den Holzbau im Jahr 2020: Damals kam es zunächst zu einem Materialengpass. In Europa und Deutschland wüteten Stürme und machten Teile des Holzes als Sturmholz für das Bauen unbrauchbar, dazu kamen Schädlingsbefall und eine weltweit steigende Nachfrage. Holz, das in Deutschland geschlagen wurde, wurde für hohe Preise ins Ausland weiterverkauft. Das Handwerk konnte seine Verträge wegen des Materialmangels kaum oder nur unter finanziellen Einbußen einhalten und schickte die Mitarbeiter in Kurzarbeit. Dann kam Corona und die Arbeit im Büro wurde schwierig bis unmöglich.
Wie überall bedeutete das, keine Präsenzseminare zur Schulung der Anwender mehr anbieten zu können. Auch Onlineseminare erwiesen sich als unvorteilhaft, da auf die Teilnehmer nicht im gleichen Maß individuell eingegangen werden kann.

Online-Fortbildung für Anfänger und Profis

Es lag daher nah, den Kunden ein Online-Angebot bereit zu stellen, um die Zeit des Abwartens nicht zu verschwenden, sondern sie für Fortbildung nutzen zu können. Die Idee für eine solche Plattform stand schon länger im Raum, jetzt war der geeignete Zeitpunkt für die Umsetzung gekommen. Dafür wurden zunächst die Seminarinhalte in Kurzfilmen mit einer Länge zwischen drei und zwölf Minuten aufbereitet. So können die User die zu ihren Anliegen passenden Videos direkt ansehen und müssen nicht in längeren Filmsequenzen nach Ausschnitten suchen.

Doch die Plattform richtet sich nicht nur an Neu- oder Bestandskunden, sondern auch an Berufs- und Meisterschüler und damit an den Nachwuchs von Zimmerern und Schreinern. Angesichts des wegen Corona nicht stattfindenden Präsenzunterrichts sollte ihnen eine andere Möglichkeit zur Verfügung stehen. Dafür wurde der Content schrittweise basierend auf den Lehrplänen und Lerninhalten von Meister- und Berufsschulen erweitert: SEMA unterhält Kooperationen mit rund 500 Meisterschulen und der Online Meisterschule GmbH.

Bildquelle: SEMA
Bildquelle: SEMA

Die Inhalte des Colleges werden als Ergänzung zum Lehrplan verstanden: Manche Schulen nutzen das Videomaterial für den Unterricht, andere als Nachschlagewerk. Videos werden auch für Ausbildungsmessen zur Verfügung gestellt, um in Zeiten des Fachkräftemangels den Beruf des Zimmerers bzw. Schreiners interessanter darzustellen und ein realistisches Bild von den Tätigkeiten zu vermitteln: Diese umfassen eben nicht nur die reine Arbeit auf der Baustelle, sondern auch Konstruktionsarbeiten im Büro mit einer modernen Software.

Das College ist mittlerweile ein wichtiger Kanal geworden, um den Nachwuchs anzusprechen – und damit die Handwerker und Kunden von morgen: Denn Berufsschüler haben anfangs noch keine Berührungspunkte mit einer CAD-Software, der Fokus liegt erst im zweiten Lehrjahr auf dem Zeichnen – und hier auch noch in 2D und von Hand. Und Meisterschüler müssen sich für die Prüfung für eine Software entscheiden. Das Ziel ist deswegen, so früh wie möglich einen Zugang zur Software zu schaffen.

Länderspezifischer Content und unterschiedliche Formate

Die länderspezifischen Inhalte des Colleges gehen über Europa hinaus: Denn die Herangehensweisen, Bauweisen und die Konstruktion unterscheiden sich. In den USA gibt es zum Beispiel den Beruf des Zimmerers nicht in der hiesigen Form. Daher ist es wichtig, relevante, marktspezifische Inhalte aufzubereiten und alle Nutzergruppen ansprechen zu können. Die Inhalte sind auf Deutsch, Französisch, Englisch, Italienisch und Polnisch verfügbar, gerade wird an der Implementierung von Spanisch gearbeitet.

Teile der Bibliothek sind öffentlich zugänglich, Teile sind Kunden mit entsprechenden Lizenzen vorbehalten und wieder andere Lehrern und Dozenten an Bildungseinrichtungen. Künftig werden alle Neukunden mit einem Abonnement Zugriff auf das College erhalten.
Der Content umfasst heute rund 1300 Videos mit über 180 Stunden Material – mit stetig steigender Tendenz. Abhängig von der Nutzergruppe bauen Online-Kurse aufeinander auf wie die Bereiche für Berufs- und Meisterschüler. Für Bestandskunden werden einzelne Themen separat nach Schwerpunkten behandelt. Ein Live-Format mit Chat bzw. Frage-Antwort-Runde stellen zum Beispiel die Afterwork Sessions dar: Dabei wird an einem Projekt der gesamte Ablauf beschrieben – von der Installation der Software, über Planung und Arbeitsvorbereitung bis zur finalen maschinellen Fertigung.

Weitere Formate sind Tutorial-Videos für bestimmte Aufgaben in der Software oder TechTalks mit Partnerunternehmen wie Hundegger, Weinmann, Faro oder Hilti. Dabei ist das Zusammenwirken von Software mit den Produkten, Tools und Maschinen der Partner das Thema: etwa, wie Konstruktionen der Software mit der Abbundmaschine gefertigt werden, wie sich Punktewolken über Laserscanner integrieren lassen oder was Arbeitsvorbereiter beachten sollten, wenn konstruierte Wand- und Dachelemente auf einer Maschine gefertigt werden. Die neueste Rubrik umfasst Video-Content für Erste Hilfe oder Tipps und Tricks.

Mehrwert für die User und die Kundenbetreuung

Damit ermöglicht das College den Usern die bestmögliche Nutzung der Software: Denn diese ist mit einer großen Funktionstiefe umfangreich und nicht automatisch selbsterklärend. Zwar kommen Zimmerer oder Meister gut mit ihr zurecht – schneller geht es aber mit einer Einführung in Form einer Schulung oder eines Seminars. Das College steht dann als weitere Informationsquelle und als Nachschlagewerk zur Verfügung. Die User können sich gezielt zu einzelnen, auch speziellen Themen, fortbilden. Sie haben auch außerhalb der Supportzeiten etwa am Wochenende die Möglichkeit, Inhalte nachzuschlagen, können ortsunabhängig auf die Inhalte zugreifen und diese in ihrem eigenen Tempo erfassen. Auch Tricks und Kniffe, die nicht Teil der Seminarinhalte sind, werden über das College weitergegeben, etwa Bedienhilfen wie Tastenkombinationen, die den Umgang mit der Software erleichtern.

„Die Software ist ein Werkzeug und wer sein Werkzeug beherrscht, dem geht die Arbeit effektiver und leichter von der Hand“, so Carolin Wolf, Expertin für die e-Learning Plattform bei SEMA. „Mit diesem Knowhow können Handwerker am Ende ihre Umsätze steigern. Und auch wir bei SEMA profitieren von der Investition: Zum einen ist das College mittlerweile ein starkes Argument für die Kaufentscheidung, zum anderen verbessert es die Außenwirkung. Interessenten und Kunden sehen, dass wir aktiv in die Weiterbildung investieren“, erläutert sie.
Hinzu kommen Vorteile für die Kundenbetreuung: Diese wird durch das College entlastet und kann bei Fragen auf Inhalte und deren Aufbereitung verweisen. Die Kundenbetreuung erkennt außerdem, in welchen Bereichen sich Nachfragen häufen und wo Wissen vermittelt werden muss, und kann mit Input konkret auf die Content-Erstellung einwirken und bestimmte Themen in kurzen Einzelvideos erklären.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Colleges ist bereits geplant: Es soll perspektivisch auf eine andere Softwareplattform umziehen, um die Usability für die Anwender weiter zu verbessern, etwa mit Such- und Filterfunktionen, aber auch, um noch genauer auf die Bedürfnisse der User eingehen zu können.

Fazit

Mit seinem Online-College gibt ein Softwarehersteller Berufs- und Meisterschülern, Bestands- und Neukunden eine umfangreiche Wissensplattform zum Selbstlernen an die Hand. Die User können den Umgang mit der Software und ihre Funktionstiefe leicht lernen, das Unternehmen selbst entlastet damit seinen Kundendienst, verbessert den Service und stellt Kontakt zum Handwerker-Nachwuchs her.

Autorin: Nadja Müller, freie Journalistin

Der Beitrag Online-College für das Handwerk erschien zuerst auf DACH Fachzeitung.